Distinguished Gentlemen's Ride in Stuttgart
Wie heißt es doch immer bei den Herren der Schöpfung? „Happy wife, happy life“! Und so ganz falsch ist das ja auch nicht, oder wie sehen das meine Geschlechtsgenosinnen?
Aber wie sieht es denn andersherum aus? Es soll nun keine „Gender- Diskussion“ entfacht werden, aber es ist doch wichtig, dass es auch unseren Jungs gut geht!
Zugegebenermaßen kümmern die sich ganz oft selbst darum, die brauchen ja auch nicht viel: ein Motorrad (oder auch zwei), eine Schrauberbude und ab und zu mal ein Bier, und uns natürlich.
Aber kümmern sie sich auch wirklich um sich, um ihre Gesundheit?
Gesellschaftliche Normen sehen für unser „starkes Geschlecht“ immer noch Attribute wie Stärke und Durchhaltevermögen vor. Die Rolle als Leader und Versorger, die es eben immer noch gibt, sieht Schwäche oder Krankheit irgendwie nicht vor....
Und genau das macht sich die „Movember- Foundation“ aus Australien zu eigen.
Diese Organisation veranstaltet seit 2012 das „Distinguished Gentleman's Ride“ (DGR) und sammelt an diesem weltweiten Aktionstag Spenden ein, die für Projekte zum Thema „Männergesundheit“ eingesetzt werden. Konkret geht es um die Prostatakrebs- Forschung, psychische Gesundheit, Suizidprävention u.v.m (nachzulesen auf der DGR- Website).
Um am „DGR“ teilnehmen zu können sind gewisse Regeln einzuhalten; zunächst akkreditiert man sich mit einer Spende, was online abzuwickeln ist. Für die Veranstaltung selbst gilt sowohl ein Dresscode, als auch die Vorgabe mit einem Vintage- Bike oder zumindest einem Motorrad im Vintage- Style teilzunehmen.
Dem Thema Dresscode, die Guideline dazu gibt es auf der DGR- Website, habe ich mich stilgerecht während eines England- Aufenthaltes angenommen. In einem Second- Hand Shop in Brighton konnte ich ein stylisches Sakko für 4 GBP erstehen. Alle weiteren Accesoires wurden dann in einem wochenlangen Prozess akribisch aufeinander abgestimmt.
Das Ergebnis: selbst der Farbton von Schal und Handschuhen findet sich auf den Paioli- Federbeinen meiner Royal Enfield wieder. Etwa so, wie die Farbe des Lippenstifts zu der der Handtasche passt.
Zum stilsicheren Auftritt hat die Continental GT noch einen wunderschönen Kettenschutz aus Aluminium bekommen, den mein Mann mit der Hand am Arm und im Schweiße seines Angesichts zugeschnitten, gebogen, gebohrt und poliert hat.
Man merkt, dass schon die Vorbereitung zum DGR eine kleine Herausforderung darstellt.
Hier im Club musste die Werbetrommel für das DGR etwas intensiver gerührt werden. Aber das Interesse stieg stetig.
Klar, dass man an einem Pfingstsonntag auch ganz viele andere Dinge zu tun hat. Aber am Ende konnten wir doch 10 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, bestehend aus Clubmitgliedern und Gästen hinter unserem Clubbanner zum Fototermin versammeln. Gemessen an den über 350 „ Gentleman's- Ridern“ nicht viel, aber ein Anfang.
Ein Highlight ist übrigens, daß jeder Teilnehmer vor der DGR- Fotowand auf seinem Bike abgelichtet wird. Und auch während der Fahrt und den Pausen sind ständig Profi- Fotografen im Einsatz, fünf Stück allein in diesem Jahr.
Da lohnt es sich auf jeden Fall, der weiblichen Eitelkeit genügend Raum zu geben, auch als Mann.
Zum „Ride“ selbst: Treffpunkt war in diesem Jahr der kleine Parkplatz am Glemseck. Nach dem „Happy Come Together“ mit Fototermin und dem Prolog von Alex und Erik, den Organisatoren des diesjährigen „Stuttgart- Ride“, startete der Pulk pünktlich um 11:00h in Richtung Hedersbachkurve und Frauenkreuz. Dann Richtung Büsnau, Schattenring und Kräherwald hinunter ins „Städtle“. Hölderlinsplatz, russische Kirche, Charlottenplatz, über die Weinsteige hoch nach Degerloch und schließlich zum Fernsehturm- Parkplatz, dem ersten Halt.
Zeit zum quatschen, staunen, Freunde und Bekannte treffen, neue Leute kennen lernen und gut drauf sein. Es herrschte tatsächlich Wohlfühlstimmung! Ganz viele toll gekleidete Männer und Frauen (gefühlt 30%, von wegen Gentleman's Ride).
Und jede Menge schöne Motorräder: Oldtimer, von einer '37er BMW R35 bis zur NSU Max Heinkel- Roller und Vespas, jede Menge Triumphs und Enfields, japanische und italienische Old- und Joungtimer, BMWs, Harleys, Gespanne, umgebaute Motorräder bis hin zu topaktuellen Elektro- Bikes (natürlich im Vintage- Style) war alles zu sehen was auf zwei Rädern Spaß macht und schon deswegen ist dieses Event ein Muss für jeden Freak.
Apropos Freak: mein Mann war als Helfer mit dabei, diese waren gut zu erkennen an der gelben Armbinde und dem Rücken- Patch mit DGR- Logo. Eine gute Möglichkeit übrigens, den AMSC mit der Szene zu vernetzen.
Weiter ging es dann wieder abwärts, in nordöstlicher Richtung über die Jahnstrasse, dann nach rechts über die Frauenkopfstrasse nach Rohracker. Dieses Strässle ist zwar wunderschön mit einem herrlichen Ausblick Richtung Neckartal, aber eben nur so breit, dass sich maximal ein Auto und ein Motorrad begegnen können.
Aber wir hatten keinerlei Probleme, alles wurde gentleman's- like geregelt. Überhaupt waren die Begegnungen mit anderen Verkehrsteilnehmern und Anwohnern überaus positiv, wir wurden überall freundlich begrüßt. Diese Veranstaltung ist auch eine tolle Werbung fürs Motorradfahren!
Der folgende Streckenabschnitt über Hedelfingen nach Wangen war optisch zwar wenig attraktiv, dafür die Ziellocation um so mehr. Am Schweinemuseum fand der Ausklang der Veranstaltung statt. Es gab tatsächlich genügend Platz für unsere Motorräder und nach einer überschaubaren Wartezeit hatten auch alle etwas auf dem Teller.
Auch hier war die Stimmung bestens. Alle waren happy, passiert ist bis auf einen Umfaller am Fernsehturm auch nichts und die Lumpensammlerin hatte mit zwei „Liegenbleiber“ ebenfalls einen überschaubaren Tag.
Zeit für ein Fazit?
Anregungen: Eine größere Startlocation wäre nicht schlecht, der kleine Glemseck- Parkplatz kam doch schnell an seine Grenzen.
Super wäre auch eine Polizeibegleitung des Corsos analog des „München- Rides“. Wir könnten a) als Pulk zusammen durch die Stadt fahren und würden nicht an jeder Ampel auseinandergerissen und hätten b) dadurch noch mehr Aufmerksamkeit und c) mehr Sicherheit!
Ansonsten war es eine toll und gut organisierte Charity- Veranstaltung (Danke nochmal an Alex, Erik und auch Lorenzo) die einem auf angenehme Weise ein ernstes Thema ins Gedächtnis ruft mit dem Tenor: passt auf euch auf, seid gut zueinander und helft, wenn ihr könnt.
Abschließend noch ein paar Zahlen, Daten, Fakten:
2024 fanden weltweit 959 Rides in 105 Ländern statt. 113 478 Teilnehmern spendeten über
7 Millionen USD. Alleine in Stuttgart kamen von 375 angemeldeten Teilnehmern über € 19500,- zusammen.
Der Termin für das nächste „Stuttgart- Ride“ ist der 18. Mai 2025. Bitte einplanen und nicht nur vormerken!
Und noch was: das DGR Stuttgart 2024 hat wieder einmal gezeigt, dass wir hier eine lebendige und kreative Motorradszene mit sehr viel Facetten haben. Und wir sind ein aktiver Teil davon, das finde ich super.
Eure Christine
Text Christine Roith, Fotos DGR